Weil kaum noch Skifahrer kommen, stellt die Jennerbahn den Liftbetrieb teilweise ein. Stattdessen setzen die Betreiber auf Wanderer und Tourengeher. Ist das die Zukunft der kleinen Skigebiete?
Den 26. März 2023 wird Thomas Mühlthaler, Vorstand der Berchtesgadener Bergbahn AG, so schnell nicht vergessen. Ein Sonntag warfare das, das Wetter warfare halbscharig angesagt, aber dann warfare es doch schön. Der Schnee warfare auch intestine und an jenem Tag waren 500 Tourengeher auf dem Jenner – „und eine einzige Alpinskifahrerin“, sagt Mühlthaler (42). Am Tag zuvor waren es 1000 Tourengeher und vier Skifahrer.
Kaum noch Skifahrer: Bergbahn-Vorstand zieht die Reißleine
So geht das schon länger am Jenner oberhalb des Königssees in den Berchtesgadener Alpen. Im Winter kommen kaum noch Skifahrer. Und deshalb zieht Mühlthaler in dieser Saison die Reißleine: Er halbiert das Skigebiet. Nur noch die Pisten von der Talstation bis zur Mittelstation werden beschneit (falls nötig), hergerichtet und geöffnet. Die Gondel stoppt auf 1200 Metern, die obere Hälfte bis zum Gipfel (1874 Meter) bleibt, wie sie ist: Im Naturschnee werden dann Tourengeher, Freerider und Wanderer unterwegs sein. „Für die wenigen Alpinskifahrer, die wir noch haben, können wir nicht den ganzen Tag die teuren Pisten bereitstellen“, sagt Mühlthaler. Denn dafür braucht es erstens sehr viel Schnee. Da der Naturschnee selten reicht, meist auch Schneekanonen, Präparation und Liftanlagen. Das ist zu teuer, sagt Mühlthaler. Und er ergänzt: „Tiefschnee kostet gar nichts.“
Das Skigebiet am Jenner ist vielleicht ein Spezialfall: Es ist klein, die Pisten im oberen Bereich schmal und steil. „Früher ist man da runtergewedelt“, sagt Mühlthaler. Heute, mit den Carving-Skiern, wollen die Skifahrer breite Abfahrten. Aber dennoch dürfte es ein kleiner Wendepunkt in Oberbayern sein: Ein Skigebiet setzt nicht mehr auf Skifahrer – sondern auf sanften Wintersport.
Zukunft der Skigebiete ungewiss – Nicht nur der Klimawandel spielt eine Rolle
Wie sieht die Zukunft der kleinen Skigebiete in Oberbayern aus? Der Klimawandel sorgt tendenziell für mildere Winter, weniger Schnee. Wenn dann Skifahrer wochenlang nur noch auf einem weißen Band aus Kunstschnee durch grüne Landschaften wedeln wie im Vorjahr, werden die Rufe nach einer Strategie laut. Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein sagt: „Langfristig können die kleinen Skigebiete nicht überleben, es werden nur Garmisch und Oberstdorf bleiben.“ Schon jetzt müssten sich Betreiber kleiner Lifte überlegen, wie ihr Geschäftsmodell in 20 Jahren ist. Die Verkleinerung des Alpinskigebiets sei eine Choice, Bucher sieht auch eine Probability im verstärkten Sommergeschäft.
Der Skisport ist nach wie vor beliebt, betont Andreas König von den Freunden des Skisports e.V., die zum Deutschen Skiverband gehören. „Immer wenn Schnee liegt, sind die Gebiete intestine besucht.“ Sieben Millionen Skifahrer gibt es laut König in Deutschland, vier bis sechs Millionen fahren mindestens eine Woche im Jahr Ski. Auch die Nachfrage nach Skikursen sei groß, sogar Skilager seien Königs Einschätzung nach wieder beliebter geworden. Das liege auch an guten Angeboten der Skigebiete und Touristiker. „Die wissen auch: Wenn Mäxchen das Skifahren nicht lernt, kommt auch Max nicht zum Winterurlaub ins Fünf-Sterne-Lodge.“
(Übrigens: Unser Bayern-Newsletter informiert Sie über alle wichtigen Geschichten aus dem Freistaat. Melden Sie sich hier an.)
Various Einnahmequellen rund um die Skigebiete in Oberbayern
In quick allen oberbayerischen Skigebieten überlegen sie, wie Skisport und Wintersport, für den man kein Ticket lösen muss, miteinander vereinbar sind – und die Liftbetreiber am Ende auch noch Geld verdienen. „Man kann nicht alles auf eine Karte setzen“, sagt König. Im Winter gibt es immer häufiger Aufstiegsspuren für Skitouren, etwa im Gebiet Garmisch Traditional. Thomas Bucher weiß von den kleinen Kolbenliften in Oberammergau, dass dort schon vor zehn Jahren eine eigene Unterführung für Tourengeher gebaut wurde. Die different Einnahmequelle: der Parkplatz. Das kommt in Mode, sagt auch König. Kostenpunkt bis zu 15 Euro. „Das ist völlig in Ordnung.“ Dafür würden den Skifahrern, die ein Ticket für die Gondel kaufen, die Kosten meist erstattet. Am Jenner hat Thomas Mühlthaler noch eine weitere Einnahmequelle: die Gastronomie. Denn die Hütten am Berg, in die auch Tourengeher einkehren, gehören ebenfalls zur Bergbahn AG.
Über die Zukunft des Skigebiets am Jenner wird übrigens schon länger gestritten. Im Sommer haben sich Naturschützer gewaltig geärgert, weil die Gemeinde Schönau die Beschneiung der Pisten bis ins Tal mit 300 000 Euro bezuschusst. So will man den Ruf als Ski-Vacation spot retten. Thomas Mühlthaler weiß, dass die Gemeinde den Skibetrieb schon seit 1967 subventioniert. Weil er sich noch nie gelohnt hat.
Mehr Information finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.