In Wassenberg streitet die Politik darüber, ob es künftig weniger Ausschüsse und damit auch weniger sachkundige Bürger geben soll. Die CDU und einige Unterstützer im Stadtrat hatten das gefordert, um in der angespannten Haushaltslage Geld zu sparen.
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Mit einem Minus in Höhe von rund 2,9 Millionen Euro fürs kommende Jahr bricht in Wassenberg eine neue Ära an. Wird doch für das laufende Jahr noch ein Überschuss von etwa zwei Millionen Euro erwartet, rutscht der neue Haushalt trotz der Erhöhung der Realsteuern ins Minus. Da Wassenberg in den vergangenen Jahren intestine gewirtschaftet hat, kann das Minus jedoch durch eine Rücklage kompensiert werden, in der rund 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen. So stimmten am Ende auch alle Ratsvertreter dem neuen Haushalt einstimmig zu.
CDU, WfW und die fraktionslose FDP-Vertreterin Dr. Susanne Beckers haben eine Reduktion der Ausschüsse von derzeit neun auf nur noch vier gefordert. Rainer Peters (CDU) begründete das mit größerer Effizienz. Damit würden sich „als Beitrag des Stadtrates zur Kosteneinsparung“ die Ausgaben für die Ausschüsse um 15.000 Euro professional Jahr verringern, hatten die Antragsteller argumentiert. Weiter behandelt werden soll dieser Vorschlag in einer interfraktionellen Sitzung am Dienstag und in einer Sondersitzung des Charges im Januar.
Schon bevor sich die Fraktionsvorsitzenden im Wassenberger Stadtrat in dieser interfraktionellen Sitzung mit dem Vorschlag zur Verschlankung der Ausschüsse im Stadtrat beschäftigt, haben die beiden Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD ihrem Ärger darüber Ausdruck verliehen.
Der umstrittene Vorschlag lautet, die Zuständigkeiten des Bauausschusses auf einen neuen Ausschuss für Planen, Bauen und Umweltangelegenheiten zu übertragen und die Zuständigkeiten des Personalausschusses in den Haupt- und Finanzausschuss zu verlagern. Die Aufgaben des Wirtschaftsförderungs- und Grundstücksausschusses soll der Haupt- und Finanzausschuss übernehmen. Kultur und Sport sollen im Ausschuss für Bildung, Soziales und Generationen eine neue Heimat finden, mit Ausnahme der Denkmalangelegenheiten, die dem Ausschuss für Planen, Bauen und Umweltangelegenheiten übertragen werden sollen. Neben Haupt- und Finanzausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss gäbe es somit künftig im Stadtrat nur noch den Ausschuss für Planen, Bauen und Umweltangelegenheiten sowie den Ausschuss für Bildung, Soziales und Generationenfragen.
Politische Motivation?
Diese wirtschaftlichen Vorteile könne er zwar nachvollziehen, so Thomas Lang als Grünen-Fraktionsvorsitzender. Dennoch sieht er hier eher eine politische Motivation. Der Vorschlag komme doch simply zu dem Zeitpunkt, wo mit Jan Steinhage (vorher Die Linke) und Sven Müller-Holtkamp (vorher FDP) gerade zwei weitere Stadtverordnete in die Grünen-Fraktion aufgenommen worden seien. Schon zu Beginn der Legislatur habe die Verwaltung vorgeschlagen, den Personalausschuss im Haupt- und Finanzausschuss aufgehen zu lassen. Dem hätte damals nur die Grünen-Fraktion zugestimmt.
Überhaupt wünscht sich Lang eine „lebhaftere und konstruktive Diskussionskultur“ und warnt davor, eine „Hinterzimmerpolitik zu etablieren“. Er spricht von Sitzungen, die eher eine „Abnickveranstaltung“ seien. „Absprachen im Vorfeld – zum Teil auch mit der Verwaltung – machen eine Auseinandersetzung im Plenum zum Teil hinfällig.“ Kritisch sieht Lang aber auch, dass bei einer Verkleinerung der Zahl von Ausschüssen sachkundige Bürgerinnen und Bürger nicht mehr in dem Maß wie bisher in den Ausschüssen mitwirken könnten. „Gerade in den Zeiten von zunehmender Politikverdrossenheit soll man sehr vorsichtig mit solchen Maßnahmen agieren“, mahnt er.
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Ins gleiche Horn stößt Paul Mank in seiner Funktion als Ortsverbandsvorsitzender. Die Stadt „spare“ wenige Tausend Euro, aber auch an Bürgerbeteiligung und Experience, moniert er. „Nach dem C kann die Union auch das D streichen.“ Weiterhin kritisiert er, dass sich die Ausschüsse künftig mit einer viel breiteren Thematik beschäftigen müssten. „Was dazu führt, dass entweder die Sitzungen insgesamt länger dauern werden, oder die Themen oberflächlicher behandelt werden als sowieso schon.“
Von einer „massiven Beschneidung“ der parlamentarischen Beteiligung in Wassenberg spricht auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Raja Schiffmann. Demokratie falle nicht vom Himmel, sie müsse vielmehr jeden Tag von den Menschen eingefordert und gelebt werden. „Und wo passiert das, wenn nicht in kommunalen Parlamenten und Ausschüssen.“ Mit einer Reduzierung der Zahl von sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern werde „definitiv am falschen Ende gespart“. Sie sieht die Gefahr, dass so das Interesse an Kommunalpolitik weiter schwinde und genau davon Parteien profitieren könnten, die es im Wassenberger Stadtrat derzeit noch nicht gebe.
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Schiffmann appelliert an die Antragsteller, ihre „Entscheidung“ zu überdenken. Tatsächlich steht hinter dem Antrag eine Stimmenmehrheit im Stadtrat. Es gehe nicht um Effizienz oder Kostenersparnis, argumentiert Schiffmann weiter. „Hier geht es darum, dass wir politische Beteiligungsformen in unserer Demokratie nicht abschaffen dürfen!“