Der Energiemarkt hat sich in diesem Jahr ein wenig beruhigt. Dennoch müssen personal Haushalte in Deutschland bei der Energie tief ins Portemonnaie greifen: Strom und Gasoline haben sich trotz staatlicher Preisbremsen im ersten Halbjahr 2023 verteuert. Wie geht es weiter?
Gasoline und Strom erheblich teurer als 2022
Verbraucher zahlten laut Zahlen des Statistischen Bundesamts in den ersten sechs Monaten im Durchschnitt 12,26 Cent je Kilowattstunde Erdgas und damit intestine 31 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2022. Im Vergleich zum ersten Halbjahr des vorigen Jahres battle dies sogar ein Plus von 52,5 Prozent.
Beim Strom sieht es ähnlich aus: So kostete dieser im Schnitt 42,29 Cent je Kilowattstunde – und damit 21 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2022 und 26,2 Prozent mehr als vor Jahresfrist. In den Berechnungen seien die Entlastungspakete der Bundesregierung schon miteingerechnet, so das Statistische Bundesamt.
Selbst Fachleute für den Energiemarkt können keine klaren Voraussagen treffen, wie sich die Preise auf dem Strom- und Gasmarkt entwickeln werden. Aktuelle Entwicklungen wie der Nahost-Konflikt oder der Zwischenfall an der Gaspipeline zwischen Finnland und Estland können unvermittelt auftreten. So stieg etwa der Preis für europäisches Gasoline in den vergangenen Tagen deutlich an.
Verbraucherschützer: Anbieterwechsel kann Geld sparen
Die Verbraucherzentrale Bayern schreibt auf ihrer Homepage, es sei ziemlich sicher, dass die Preise weiter steigen, auch unabhängig von der aktuellen Russland-Krise. Allerdings gebe es erhebliche Unterschiede bei den Anbietern. Die Energieversorger hätten teils zu Zeiten hoher Preise große Mengen eingekauft, die sie teuer an ihre Kunden weitergeben. Die Beschaffungskosten seien aber seit Dezember 2022 deutlich gesunken. Ein Anbieterwechsel könne additionally viel Geld sparen.
Für die meisten lohne sich ein Anbieterwechsel, so Marion Gaksch von der Verbraucherzentrale Bayern. Das Wichtigste sei, sich über die Tarife zu informieren. Keinesfalls solle man sich spontan am Telefon oder der Haustür zu einem Vertragsschluss überreden lassen: “Die Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest oder der Bund der Energieverbraucher haben Tipps und Checklisten zusammengestellt, was beim Anbieterwechsel zu beachten ist. Für Preisvergleiche kann man die verschiedenen Vergleichsportale heranziehen. Zusätzlich empfiehlt es sich, auf den Webseiten der Anbieter nach zusätzlichen Tarifen zu suchen.”
Verbraucher sollten sich aber nicht nur nach dem Preis richten, so Gaksch, sondern auch in verschiedenen Quellen ausführlich nach den langjährigen Erfahrungen anderer Verbraucher mit dem Anbieter suchen. Ob sich eine längere Mindestvertragslaufzeit und eine Preisgarantie für mehr als zwölf Monate positiv oder negativ auswirke, sei nur schwer zu beantworten, weil natürlich nicht sicher ist, wie sich die Preise entwickeln.
Preisbremsen für Strom und Gasoline sollen bleiben
Die Preisbremsen der Bundesregierung deckeln den Preis für einen Großteil des Verbrauchs der Privathaushalte. Die Obergrenze der Preisbremse liegt für Strom bei 40 Cent je Kilowattstunde und für Gasoline bei zwölf Cent je Kilowattstunde.
Als “Versicherung” für den Fall eines unerwarteten Preisanstiegs plant der Bund, die Energiepreisbremsen bis ins Frühjahr zu verlängern. Das Bundeskabinett verabschiedete eine entsprechende Formulierungshilfe für Änderungen am sogenannten Wachstumschancengesetz. Die Preise sollen bis zum 31. März 2024 für einen Grundverbrauch gedeckelt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte in Berlin, die Energiepreisbremsen würden verlängert, auch wenn dies eigentlich bei den aktuellen Preisen nicht nötig wäre. Dies könnte sich aber im Winter noch ändern. “Insofern finde ich das richtig.” Die EU-Kommission müsse dafür allerdings noch grünes Licht geben.
Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent
Die Mehrwertsteuer auf Gasoline soll dagegen nach dem Willen der Bundesregierung ab Januar wieder auf den regulären Satz von 19 Prozent steigen. Sie battle auf sieben Prozent gesenkt worden. “Mittlerweile sind die Gaspreise wieder deutlich gesunken”, begründete Regierungssprecherin Christiane Hoffmann den Schritt. Vom Bundestag muss das aber noch endgültig beschlossen werden.
Der Bundesverband der Deutschen Energiewirtschaft (BDEW) zeigte sich unzufrieden, besonders mit der höheren Mehrwertsteuer. Kerstin Andreae vom BDEW warnt: “Es besteht damit jetzt die Gefahr, dass die Gaspreise für viele Haushalte steigen. Das wäre ein Unding, zumal weitere Preisrisiken aufgrund der geopolitischen Lage entstanden sind.”
Die Energiepreisbremsen haben den Staat bislang rund 32 Milliarden Euro gekostet. Das verlautete am Mittwoch aus dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium. Zur Verfügung stehen mehr als 91 Milliarden Euro.
Gasspeicher gefüllt
Was die Versorgung angeht, sieht die Scenario positiv aus. Vor Beginn der Heizperiode sind die deutschen Gasspeicher quick voll. Die Bundesnetzagentur spricht dennoch von “Restrisiken”. Mit 97 Prozent liegt der Füllstand der Gasspeicher derzeit rund acht Prozentpunkte über dem Mittel der Jahre 2017 bis 2021.
Eine im vergangenen Jahr während der Energiekrise eingeführte Verordnung sieht vor, dass die Gasspeicher bis zum 1. November zu 95 Prozent gefüllt sein sollen. Damit sind die Gasspeicher in diesem Jahr schneller befüllt worden als vor einem Jahr. “Die Ausgangslage für den Winter 2023/24 ist deutlich besser als vor einem Jahr, jedoch verbleiben Restrisiken”, hatte die Bundesnetzagentur in ihrem Gaslagebericht geschrieben. Ein sparsamer Gasverbrauch bleibe weiter wichtig.